Zum sechsten Mal in Folge führten Bayerischer Bauernverband (BBV), Bayerische Jungbauernschaft (BJB), Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) und Verband für landwirtschaftliche Fachbildung in Bayern (VLF) einen gemeinsamen unterfränkischen (Jung-) Unternehmertag zum diesjährigen Thema „Herausforderungen der Zukunft – den eigenen Weg finden“ am 10. Januar 2019 in Bergtheim durch. Insgesamt 49 Teilnehmerinnen und Teilnehmer folgten der Einladung und konnten fünf interessante Referenten im Weingut Schmitt begrüßen.
In der Eröffnung bedankte sich BJB-Bezirksvorsitzender Alexander Kreier bei den vier ausrichtenden Organisatoren und freute sich über die wiederholte Durchführung des Gemeinschaftsprojektes.
Zu Beginn stellte Dr. Simon W. Schlüter, Leiter des DBV-Büros in Brüssel, unter der Überschrift „GAP 2020 – da wird sich einiges ändern!“ die aktuellen Entwicklungen in der europäischen Agrarpolitik vor und warb zeitgleich für den Zusammenhalt im Berufsstand: „Wir sind nur stark als Bauern, wenn wir in einer Organisation unsere Interessen vertreten.“ Allerdings werde die politische Macht geringer, da zum Beispiel alleine in Brüssel 3.000 Interessengruppen und 20.000 Lobbyisten aktiv seien. Der promovierte Agrarökonom berichtete von den derzeit laufenden Verhandlungen über den Haushalt 2021 – 2027. Diese seien noch nicht abgeschlossen. Aufgrund der anstehenden Europawahl 2019 könne es daher sein, „dass der EU-Haushalt Anfang nächsten Jahres ganz anders aussehen kann.“ Mit einem geringeren Finanzvolumen des Agrarhaushaltes sei aber sicher zu rechnen. Schlüter warb für die Erfolge der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik, da diese die Weichen für wettbewerbsfähige Produkte gestellt habe und machte als praktischer Landwirt am Niederrhein den Berufskolleginnen und -kollegen Mut: „Deutsche Lebensmittel sind auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig.“ Im Zuge dessen griff er den internationalen Agrarhandel auf, der sich die Jahre über positiv entwickelt habe und forderte abschließend auf: „Wir brauchen Agrarexporte. Sonst müssten wir die Produktivität herunter fahren.“
Heiko Lukas, Bereichsleiter im AELF Würzburg, thematisierte die Biodiversität in Unterfranken. Er zeigte exemplarisch am Vergleich zwischen Feldlerchen und Rebhühnern den Kausalitätszusammenhang beim Rückgang von Tierpopulationen auf. Die Landwirtschaft sei kein Verursacher der öffentlich dargestellten Umweltvernichtung. „Ich habe das Gefühl, der Landwirt zieht sich jede Hose an, die ihm hingehalten wird“, warb er humorvoll für ein selbstbewussteres Auftreten der Landwirtschaft gegenüber der Öffentlichkeit und grünen Verbänden bei Unterstützung der biologischen Vielfalt in der Region. So gebe es für die Wiesenweihe in Unterfranken das größte zusammenhängende Brutgebiet in Europa. Das sei ein Erfolg von Naturschützern und Landwirten gewesen. „Das Projekt gilt im Naturschutz als großer Erfolg … und die Landwirte werden manchmal auch erwähnt“, stellte der Agraringenieur den öffentlichen Umgang mit dem Berufsstand zur Biodiversität dar. Beispielsweise gebe es mit dem Wildlebensraum-Modellgebiet Bütthard ein Projekt, in dem die Landwirte Hauptakteure seien und mit wissenschaftlicher Begleitung ein nachhaltiges Biotop schaffen.
Den zweiten Teil des Unternehmertages läutete Uwe Ritzer, Wirtschaftskorrespondent der Süddeutschen Zeitung, ein. Er sprach mit den Anwesenden über das Bild der Landwirtschaft in der öffentlichen Wahrnehmung. Persönlich habe er, auch aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit als Lokaljournalist, Verständnis für das Leben auf dem Land und wisse, dass „ihr Berufsstand ist mehr als ein Beruf.“ Trotzdem sei der Ruf der Landwirte als Unternehmer ramponiert und das einprägsamste Bild wird durch TV-Formate wie „Bauer sucht Frau“ hervorgerufen. Das Problem: die Strukturen des Berufsstandes würden nicht mehr für das Bild der Öffentlichkeit passen. Das Zusammenspiel von Bauernvertretung sowie Unternehmen und Politik werfe Interessenskonflikte auf. Und dieses Bild entstand über die Jahrzehnte hinweg. Ritzer forderte: „Die Bauern müssen als Bauernstand ihre Interessen alleine vertreten. Nicht mit Vertretern und Unternehmern kuscheln, die nicht förderlich für das Image sind.“ Seine Tipps an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer: Ställe öffnen und Besucher einladen, keine Diskussionen zu Bio und ähnlichem zulassen, weibliche Agrarakteure herausstellen, von schwarzen Schafen abgrenzen, Interessensstrukturen hinterfragen und die eigene Denke ändern: vom Kunden aus Gedanken machen.
Markus Peters, Leiter Kommunikation des BBV-Landesverbandes und Pressesprecher, griff das Thema Öffentlichkeit und Landwirtschaft von Verbandsseite auf. Beim Gesamtkunstwerk von Lebensmitteln und Landwirtschaft wurde „vergessen an bestimmten Stellen darüber zu reden, was für uns verständlich ist.“ Zum Beispiel, dass beim Thema Tierwohl nicht die Anzahl der Tiere für das Tierwohl entscheidend seien. Doch die Kommunikation zur Basis „müssen wir selber tun“, forderte er von jedem Einzelnen aktive Öffentlichkeitsarbeit. Als authentischer und glaubwürdiger Unternehmer, der heimatverbunden und traditionsbewusst sowie fachlich kompetent sei, qualifiziere sich der Landwirt dafür.
Zum Abschluss beleuchtete Diplom-Kaufmann Wolfgang Roth den Themenkomplex „Finanzen im Blick – Krisen umschiffen“. „Die Banken schwimmen durch die Europäische Zentralbank im Geld und vergeben Kredite, um die Passivseite zu entlasten“, beschrieb er die aktuellen Entwicklungen auf dem Finanzmarkt. Doch da der Bankensektor mittlerweile ein streng regulierter Bereich sei, werden höhere Anforderungen an Eigenkapitalausstattung, Risikodeckung und Liquidität erwartet. „Entscheidend sind zukünftig nicht mehr die Sicherheiten, sondern die Kapitaldienstfähigkeit.“, so Roth. Er wies darauf hin, dass ein guter Überblick über die eigene finanzielle und betriebliche Situation sowie informierte und zielgerichtete Kommunikation wesentliche Bestandteile bei Finanzierungsgesprächen seien.
Den Abschluss bildete eine Zusammenfassung von Gerd Düll, Behördenleiter und Bereichsleiter Landwirtschaft im AELF Kitzingen, der sich bei allen Organisationen nochmals für die tolle Zusammenarbeit bedankte und eine Neuauflage in 2020 in Aussicht stellte.